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Jeremias Gotthelf: Der Bauernspiegel,
7. Kapitel, die Bettlergemeinde

Es war ein schöner Maimorgen, als wir uns aufmachten nach unserem Heimatort. Und während die fröhlichen Vöglein so lustig sangen, so frei sich lustig machten an der warmen Sonne, unter dem lieben, heiteren Himmel, zogen viele, viele Kinder mit schwerem Herzen und trüben Gesichtern der Bettlergemeinde zu; sie fühlten die warme Sonnen nicht, sie sahen den blauen Himmel nicht, ihnen war's wie den Vöglein, die man im lustigen Mai in die Krätze tut, in die Stube hängt, und in einem Tröglein das Fressen ihnen sorgsam zumisst, welches sie früher unter Lust und Jubel nach Belieben selbst gesucht.

Es waren bereits viele Leute versammelt: Leute welche Kinder brachten, Leute, die Kinder an Kost nehmen, Eltern, welche ihre Kinder der Gemeinde auf den Hals werfen wollten, denen man die heimliche Freude ansah, ihrem eigenen Fleisch und Blut bald loswerden zu können. Es war fast wie an einem Markttag. Da ging man herum, betrachtete die Kinder von oben bis unten, die weinend oder verblüfft dastanden, betrachtete ihre Bündelchen, und öffnete sie wohl auch und betastete Kleidchen Stück für Stück, fragte nach, pries an, gerade wie an einem Markt.

Die Steigerung ging langsam vor sich; die Ersten auf dem Rodel kamen zuerst, die, welche neu zu verdingen waren, zuletzt. Der Mittag kam, die Sonne brannte heiss, die Kinder waren hungrig, die kleinen besonders durstig; die einen hatten etwas gekauft, das machten die anderen nur hungriger und durstiger, so dass nach und nach vor Weinen und Schreien man kaum sein eigenes Wort verstand, bis endlich ein guter Mann der Armen sich erbarmte und mit einigen Batzen den Jammer stillte.

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