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Ernst Hiltbrunner, Dorf- und Wanderphotograph 1900-1994

Ernst Hiltbrunner

Ein seltenes Zeugnis der fotografischen Geschichtsschreibung. Ohne Ernst Hiltbrunners Werk wären Landschaft und Personen um Huttwil im Oberaargau in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts weitgehend eine Bilderwüste. Es ist ein einzigartiges Werk eines ehemaligen Verdingbuben, der es geschafft hat, ein bleibendes Werk zu hinterlassen.

Ernst Hiltbrunner kam 1900 als Zweitältester von neun Kindern eines Zimmermanns in Wyssachen zur Welt. Bereits mit 9 Jahren wurde er einige Dörfer weiter bei einem Bauern verdingt. Der Pflegeeltern waren gute Leute. Doch ein Brand setzte dem ein Ende, und der zweite Pflegeort war das Gegenteil. Er wurde vom älteren Verdingbuben misshandelt. Ernst blieb aber bis zum Ende der Schulpflicht dort verdingt. Zur Konfirmation erhielt er von den geizigen Bauern nur ein Kleid aus miesem Stoff. Und um das versprochene Geld für die gefangenen Mäuse wurde er ebenfalls geprellt. Er kehrte zu den Eltern zurück, lernte Weben, arbeitete mehrere Jahre als Taglöhner und saisonaler Wanderarbeiter. Schon früh begann er zu fotografieren. 1929 heiratete er. Weil er von der Schwiegermutter verachtetet wurde, zog er mit seiner Frau nach Rohrbach, wo er sich im Keller des Hauses ein einfaches Atelier einrichtete. Fortan bestätigte er sich als Dorf- und Wanderfotograf neben dem Weben und der Arbeit als Kontrolleur einer Textilfirma.

Trotz kantonaler Bewilligung wurde Ernst immer wieder vom Ortspolizisten schikaniert. Durch Zufall lernte er nach dem Tod seiner ersten Frau eine Magd kennen, die von ihren Dienstleuten unterdrückt und ausgebeutete wurde. Durch die Heirat konnte er die 30 Jahre jüngere Frau aus den Klauen dieser Ausbeuter befreien, und sie wurde eine wichtige Stütze für ihn. Sein Bildarchiv fand nach seinem Tod Aufnahme im Eidgenössischen Archiv für Denkmalpflege. 1989 wurde er im Buch „Der schöne Augenblick“ Schweizer Photographen des Alltags von Paul Hugger gewürdigt. 1994 verfasst Markus Schürpf einen Katalog mit Photographien aus den Jahren 1920-1955 zur Ausstellung, welche im Alten Gemeindehaus in Langenthal gezeigt wurde. Ernst Hiltbrunner ist ein Zeitzeuge, der trotz schlechten Voraussetzungen und Förderung ein wichtiges fotografische Zeugnis geschaffen hat, dessen Stellenwert er für die Nachwelt und Geschichte kaum erahnen konnte.

Text: Walter Zwahlen

Fotografien von Ernst Hiltbrunner


Ausstellungskatalog Kunsthaus Langenthal, 1994.