News

Ein einzigartiges Werk in der Geschichte der Fotografie

Lewis Wickes Hine

Dank der Fotografie das Elend der Schwächsten dokumentieren. 34 Jahre intensive Suche beendeten das Elend der Kinderarbeit in den USA
Lewis Wickes Hine begann mit einfachsten Mitteln und blieb 15 Jahre lang dem Anliegen treu, dass Kinderarbeit ein Verbrechen sei. Er reiste quer durch die Vereinigten Staaten und schuf dabei ein Werk von über 5000 Aufnahmen. Aber erst in der Roosevelt-Ära des New Deal verbot der "Fair Labor Standard Act" von 1938 die Arbeit für unter Sechzehnjährige.


Kurzbiografie:
Lewis Wickes Hine (*26.9.1874 Wisconsin; † 3.11.1940 in New York) war Lehrer, Soziologe und sozialdokumentarischer Fotograf. Schon 1890, nach Beendigung der Grammar School begann er zu arbeiten. Seinen Lebensunterhalt bestritt er zunächst mit wechselnden und schlecht bezahlten Tätigkeiten, wodurch er bereits früh für soziale Themen sensibilisiert wurde. Hine verstand die Fotografie als ein politisches Mittel, um Missstände aufzudecken, aber auch als ein kulturelles Medium, mit dem die Würde der Menschen bezeugt werden konnte. Fototechnisch war er ein Autodidakt, die notwendigen Kenntnisse eignete er sich erst um 1903 an.

Seit 1906 dokumentierte er für das National Child Labor Committee (NCLC) systematisch die Kinderarbeit in den USA. Er wollte die Öffentlichkeit auf diesen Missbrauch aufmerksam machen und die Regierung zur Schaffung eines nationalen Kinderschutz-Gesetzes bewegen. Wegen dieser investigativen Arbeit für das NCLC gilt Lewis Hine allgemein als herausragender und sehr früher Vertreter der sozialdokumentarischen Fotografie. Als Lewis Hine 1940 starb, konnte er stolz auf sich sein. Die Lebensbedingungen von Millionen von Geschundenen wurden besser dank seinem breiten Bildwerk.

Würdigung:
Hine war Fotograf und wie viele andere Kollegen in der Zeit um den Ersten Weltkrieg herum, wollte er die USA und die Menschen dokumentieren. Hines Arbeiten stellten die Porträtierten in ihrer Wirklichkeit da. Ohne Effekthascherei und mit einer Achtung und einem Respekt für jede einzelne Person, die uns heute noch staunen lässt an seinem beispiellosen Einsatz für die Schwächsten Er fotografierte die Elendsten in der US-amerikanischen Gesellschaft, die Kinder, die unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten mussten. Er reiste 75.000 Kilometer quer durch die Vereinigten Staaten und fotografierte Kinder ohne wirkliche Kindheit und ohne Hoffnung. Er zeigte ihre Arbeit in der Landwirtschaft, in den Minen, Fabriken, Nähateliers und auf den Strassen.

Er wusste zum Voraus, niemand hätte ihm Zutritt gewährt. Also tarnte er sich als Vertreter oder Versicherungsagent und nahm die Kinder heimlich auf. Mädchen, die ohne jeden Arbeitsschutz, zwölf Stunden an ratternden Webstühlen sassen. Oder Knaben, die über einem Förderband mit Kohlen balancierten und verhakte Brocken lösen mussten. Wer in den Gesteinsstrom fiel, war verloren oder verlor zumindest einen Fuss oder eine Hand. Ein Leben bedeutete damals nichts. Ein Kinderleben zählte nichts und kostete nichts.

So ungestüm explodierte die Produktion, dass es nie genug Arbeitskräfte gab. Auf der ganzen Welt wurden Kinder in Minen und Fabriken eingesetzt. An ihnen mangelte es nie, denn auch erwachsene Arbeiter wurden so schlecht bezahlt, dass die ganze Familie sich verdingen musste. Im Jahr 1900 gab es 1,7 Millionen Kinderarbeiter in den USA. Bis 1918 machte Hines über 5000 Aufnahmen in dieser Hölle. Zunächst blieben alle Versuche, diese Art von Kinderausbeutung in den USA zu beenden, erfolglos. Ein erstes Gesetz von 1916 wurde später als verfassungswidrig eingestuft. Erst in der Roosevelt-Ära des New Deal verbot der "Fair Labor Standard Act" von 1938 die Arbeit für unter Sechzehnjährige.

Text: Walter Zwahlen


Peter Walther: Lewis W. Hine. America at Work,
Taschen Verlag, 544 Seiten, ISBN: 978-3-8365-7234-7.