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Unverantwortliche Abstinenz des Bundes bei der Fortführung des Politforums

Rettet den Käfigturm

Das Politforum ist seit 17 Jahren kompetent und vielfältig im Fachbereich politische Bildung tätig. Keine andere Institution könnte eine solche Dienstleistung sicherstellen. Die Plattform, welche unterschiedlichste Themen, Gruppen, Organisationen empfängt und als Ausstellungsort ein sehr breites Spektrum an Inhalten präsentiert, darf nicht aus undifferenzierten Sparanstrengungen und Uneinsichtigkeit weggestrichen werden. Das Politforum ist auch ein wichtiger Diskussions- und Tagungsort im Zentrum von Bern, unweit der Bundeshauskuppel, den es dringend weiter braucht.

Im Politforum Käfigturm entstanden für die gesamte Schweiz wichtige Bewegungen. Aus Selbsthilfegruppen wurden politische Akteure, Nichtregierungsorganisationen bekamen eine breitere Basis, fanden Gehör für ihre Anliegen oder deckten vorausschauend Bereiche ab, welche die politischen Parteien vernachlässigten. So wurde hier die Basis gelegt, dass die Thematik zwangsweise Fremdplatzierung (administrative Terminologie: fürsorgerische Zwangsmassnahmen) endlich Beachtung fand. Die Ausstellung „Verdingkinder reden“ von 2009 und die wiederholte Präsenz in den Medien bewirkten, dass in der Bevölkerung, den Parteien und der Administration ein Bewusstseinswandel stattfand. Wichtige ökologische, ökonomische Themen wurden hier diskutiert und weiterentwickelt. Historische und sozialpolitische Inhalte auf dieser Startrampe begründet und kommuniziert. Später folgten teilweise daraus umfangreiche Forschungen. In diesem Sinne ist das Politforum auch eine Denkfabrik. Hier entstehen neben all den bereits zitierten Leistungen wichtige Impulse. Es ist auch ein Ort an dem Staatsbürger und Gäste für vielerlei Themen und Anliegen sensibilisiert werden.

Es ist eine bedenkliche Augenwischerei, wenn der Bundesrat meint, diese Fr. 400'000 seien eine sinnvolle Einsparung. Vor allem, wenn man bedenkt, wie in den letzten Jahren im VBS für nichtkompatible Computersysteme 700 Millionen vergeudet wurden und am Schluss niemand dafür geradestehen muss. Sparen ja, aber Sparen am falschen Ort! Das Politforum bietet auch die seltene Chance, dass Veranstaltungen, Ausstellungen dort möglich werden, die sonst an keinem anderen Ort in der Schweiz einen Auftritt bekämen. So zum Beispiel dem Landesmuseum, das sich manchmal wichtigen Inhalten aus unerklärlichen Gründen verschliesst und damit für unser Land wichtigen Auseinandersetzungen direkt oder indirekt abwürgt.

Der Entscheid am Politforum zu sparen ist ein klares Indiz, dass man für den Bereich politische Bildung im jetzigen Zeitpunkt die Augen verschliesst. Dabei hätte gerade der Bundesrat in Sachen politische Bildung eigentlich eine Führungsrolle inne. Politische Bildung ist klar eine Chefsache, die man nicht einsparen oder delegieren kann. Muss er unbedingt nun hier ein schlechtes Beispiel abgeben. Parlaments- und Arbeit in den Parteien sind eine Ebene, diejenige der Minister und der Departemente eine andere, der Vollzug in der Administration unterscheidet sich noch einmal wesentlich. Für den Bürger sind diese verschiedenen Bereiche und das dortige Geschehen oft nur sehr schwierig zu verstehen, beziehungsweise überhaupt nachvollziehbar, und vielleicht auch ein Grund für die Politverdrossenheit breiter Kreise der Bevölkerung. Es braucht unbedingt eine Stelle wie das Politforum als Mittler, Übersetzer und Kommunikator für Bildung, Zusammenhänge, Einsicht und Transparenz.

Das Politforum ist nicht nur eine zweitrangige Dienststelle, sondern ein durch nichts Anderes zu ersetzendes Kompetenzzentrum. Wer dies berücksichtigt, handelt nach der alten weisen Devise: „gouverner c’est prévoir“, bedenkt auch, dass künftige wichtige Aufgaben dort wahrgenommen werden können und müssen, an die noch niemand gedacht hat. Hinschauen! Das Politforum ist auch ein Instrument, um in für den Gesamtstaat bedeutenden Sachfragen Gegensteuer zu geben. So zum Beispiel Antworten auf ruinöse Vereinfachungen der Populisten. Weiter ist das Politforum ein einzigartiger Begegnungsort, den man sonst neu erfinden, schaffen müsste. Wieso hätten sich sonst andere Staaten von diesem Modell inspirieren lassen und Pendants dazu geschaffen? Wo wären wir selber und die Nachahmer ohne dieses Vorzeigemodell. Hat die Bundesversammlung keinen Sinn mehr die Vorbildfunktion oder leidet sie sogar an Vorbild-Osteoporose?

Walter Zwahlen

Zur Onlinepetition "Rettet den Käfigturm"

Am Mittwoch, 7. Dezember 2016 wird der Nationalrat über eine Motion der Staatspolitischen Kommission zum Erhalt des Politforums befinden.

Zur aktuellen Ausstellung des Vereins netzwerk-verdingt im Käfigturm.

Viel teurer als Bildung ist keine Bildung
John F. Kennedy

Keine Verantwortung für die Verantwortung
Zygmunt Baumann, britisch-polnischer Soziologe