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Hunger und Hungersnöte, welche über Tausende von Jahren Tod und Verderben brachten

Famine Monument, Dublin

Verlässliche schriftliche Quellen dazu gibt es wiederholt seit dem Jahr 1000 nach Christus. Lange, kalte Winter mit viel Schnee bis weit in den Frühling, kalte, verregnete Sommer führten zu schlechten Ernten, denen ein nasser Herbst folgte und oft ein viel zu früher Wintereinbruch, oder Kriege mit Plünderungen, verwüsteten Landstrichen. Die dadurch verursachte Teuerung vor allem für Lebensmittel verstärkte das Elend zusätzlich. Hunger erlebten viele Heim- und Verdingkinder, obwohl die Lebensmittel vorhanden waren, sie ihnen aber vorenthielt, missgönnte, als Strafmassnahme missbrauchte oder wie in vielen Fällen belegt extrem kürzte.

Beispiel: Hungersnöte in Irland
Im Jahr 1171 wurden die Iren Untertanen der englischen Krone. Damit begann ihre wachsende Entrechtung und die Umverteilung der Macht- und Besitzverhältnisse. Es entstanden Feudalstrukturen mit einer zentralen Verwaltung in Dublin, welche bis ins 20. Jahrhundert fortgeführt wurde. Gleichzeitig verschärften sich die Restriktionen, die ursprüngliche gälische Sprache wurde verboten, ebenso das Tragen irischer Kleidung, der Besuch der Universität und die Ehen zwischen Iren und Besatzern. Mit Heinrich VIII. im 16. Jahrhundert folgte die konfessionelle Fremdherrschaft, die Iren waren katholisch, die Briten protestantisch. Mit Wilhelm III. folgte ein weiteres Stadium der Unterdrückung durch Entrechtung und Deklassierung, sowie der gnadenlosen Ausbeutung der Pachtbauern. Dazu kamen rigide Strafgesetze und der Bodenbesitz in irisch-katholischer Hand verringerte sich bis Mitte des 18. Jahrhunderts auf 5%. Die Folgen waren die starke Parzellierung und kollektive Verarmung der Landbevölkerung. Kartoffeln wurden in Irland zu einer Monokultur.

Knappheit und die Hungersnöte von 1739-41 und 1816-31 rafften Tausende dahin. Schliesslich kam in den 1840er Jahren die Kartoffelpest mit der entsetzlichen Hungersnot. Hauptbetroffen waren wie stets vor allem die Kinder. Bis 1850 verhungerten über eine Million Iren. Gut zwei Millionen Iren wanderten der Not gehorchend aus. Die Kartoffelfäule, welche später auch auf Europa übergriff, vernichtete die Ernten und das Saatgut. Viele Iren waren Pächter auf viel zu kleinen und schlechten Grundstücken, welche den reichen Engländern gehörten. Die englische Krone, sowie Regierung und Parlament kümmerten sich kaum um die darbende Bevölkerung und die Tragödie, welche ungeahnte Ausmasse annahm. Einzelne Profiteure und steigende Lebensmittelpreise verstärkten die Misere noch. Die Polizei aber schütze die Wohlhabenden und knüppelte Proteste nieder.

Beschäftigungsprogramme für die Arbeitslosen oder darbenden Bauern waren bloss von kurzer Dauer und gaben nur einer Minderheit einen Verdienst. Aus Amerika wurde viel zu spät mit Schiffen grosse Mengen Maismehl importiert, welches den skeptischen irischen Gaumen zunächst fremd war. Aber Spekulanten mischten erfolgreich in diesem Handel mit. Und die amtlichen Lebensmittelvorratsspeicher blieben lange geschlossen, bis die alarmierende Zahl der Hungertoten eine Kehrtwende bewirkten. Einzelne Initiativen wie der englischen Quäker waren gut gemeint, sprengten aber bei weitem ihre finanziellen Möglichkeiten.


Buch: Hunger in der Ostschweiz Menschliches Versagen oder Gottesprüfung?
Martin Arnold, Verlagsgenossenschaft St. Gallen, 2018
Kurzinhalt: 1816 spielte das Klima verrückt. 1817 hungern die Menschen, 1818 folgt eine Wirtschaftskrise. Und alles wegen eines Vulkanausbruchs im fernen Indonesien? Bis heute wurde den Menschen in der Ostschweiz nie mehr so deutlich bewusst, wie dünn das Eis der Zivilisation ist und wie wenig es braucht, das Gefüge des menschlichen Zusammenlebens zu zerstören. Beten, betteln, betrügen, erkranken, helfen, hoffen, spenden, stehlen, spekulieren, verzweifeln und vor allem: hungern und sterben – dies beschreibt das Leben der Menschen rund um den Säntis in den Jahren 1816 und 1817.

Die Hungersnöte seit dem Jahr 1000

Westeuropa
In Westeuropa waren Hungersnöte bis ins 20. Jahrhundert verbreitet.

Russland und UdSSR

Asien

Nordamerika

Texte: Walter Zwahlen

Das Famine Monument in Dublin wurde zum Gedenken an die Grosse Hungersnot in Irland 1845 bis 1852 mit über einer Million Toten von Rowan Gillespie aus Bronze geschaffen und 1997 errichtet.