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Die italienische Emigration in die Schweiz

Italienische Saisonniers

Das Thema der italienischen Emigration in die Schweiz ist nur sehr lückenhaft dokumentierten Schweizer Wirtschafts- und Sozialgeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Es waren Hunderttausende, sie kamen tief aus dem Süden, aus Sizilien, Apulien, der Basilicata, Kalabrien, dem Friaul und dem Veneto. Sie suchten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Arbeit und Einkommen in der Schweiz und sahen sich hier lange Jahre konfrontiert mit Entbehrung und Ablehnung. Ihr Engagement, welches oft mit viel Leid und Stigmatisation verbunden war, wurde leider nie richtig gewürdigt.

Die 138 Fotografien stammen von 49 Fotografen. Das Buch ‹Il lungo addio – Der lange Abschied›, bildete die Grundlage für die Ausstellung, die in den Räumen des Istituto Svizzero di Roma Mitte Mai 2003 eröffnet wurde. Im Herbst des gleichen Jahres bis im Frühjahr 2004 wurde sie im Rhätischen Museum in Chur und danach noch in Zürich gezeigt. Es ist eine historische Rückblende mit dem Medium der Fotografie. Ein Thema, welches damals noch kaum in der Oeffentlichkeit bewusst war, waren die Kinder der Saisonniers. Erst 2002 wurde durch die Freizügigkeitsvereinbarung mit der EU der Familiennachzug möglich. Was sie zum Bleiben veranlasste, waren zu einem guten Teil Ihre Kinder, die sich als Secondos in den meisten Fällen leichter integrierten. In der Pflicht war aber auch die italienische Regierung, die sich jedoch kaum um ihre Landsleute kümmerte.

Siehe auch den Newsletter Oktober 2021: Die versteckten Kinder der Saisonniers

Schon im 19. Jahrhundert zog es viele Verarmte als Erste in das nördliche Nachbarland. Diese Italiener und ihre Nachfahren haben das Land ihrer Emigration gebaut, verändert und bereichert, durch Arbeit, aber auch durch Kultur und ihre Küche. Eine Nachbarschaft, die sich nach schwierigen Anfängen behauptete, aber für beide Seiten langfristig lohnend war. Grosse Baustellen wie Bahntrassees, Tunnels und Staumauern entstanden so durch ihren Einsatz. Sie waren als Arbeitskräfte sehr gefragt, aber lebten abseits. Zum Teil zusammengepfercht in Baracken. Ihr Hoffen und Sehnen war lange auf ihr Heimatland gerichtet. Hier wurden sie durch die Isolation kaum heimisch und gegenüber dem Italien ihrer Herkunft entfremdeten sie sich. Sie kamen hierher mit dem unerfüllten Verspechen, dass es ihnen künftig besser ginge.


Il lungo addio - Der lange Abschied - zur italienischen Emigration in die Schweiz nach 1945, Limmat Verlag 2003

 
 

Filme zum Thema:

‹Siamo italiani› von Rob Gnant, June Kovach und Alexander J. Seiler, Schweiz 1964


‹Pane e ciccolata› von Franco Brusati, Italien 1974