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Kindersoldaten – eine perfide Ausbeutung

Kindersoldaten sind eine besonders grässliche Form der Sklaverei und der Manipulation. Heute machen vor allem Kriege in Afrika dafür Schlagzeilen. In Europa aber wurden bereits in seiner frühen Geschichte Kinder und Jugendliche zum Kriegsdienst gepresst. Not und Elend dieser Opfer sind teilweise schriftlich überliefert. (Bild: Ehemalige kongolesische Kindersoldaten.)

Kindersoldaten in der Geschichte
Rossbuben, also jugendliche Pferdepfleger, gehörten zur Kavallerie, seit es berittene Truppen gibt. Der spätere römischeKaiser Caligula verdankt seinen Namen seiner Fussbekleidung, die er als Heranwachsender im römischen Heere trug. Im Mittelalter waren Knappen (vom althochdeutschen knappo, so viel wie Knabe) bezeichnet im Dienste der Ritter geläufig. Neben den Verarmten, Verzweifelten wurden auch Kinder und Jugendliche zum Kriegsdienst gepresst. Gerade der Dreissigjährige Krieg ist ein übles Beispiel dieser Praxis. Aus dem Dreissigjährigen Krieg ist als literarische Gestalt «Der Simplicissimus von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausens 1621/22» überliefert. Es gibt Anhaltspunkte, dass Grimmelshausen im Sommer 1636 als Trossjunge bei der Belagerung Magdeburgs beteiligt war und 1637 in Westfalen einem kaiserlichen Dragonerregiment angehörte, wegen seiner Jugend aber noch nicht als regulärer Soldat. Erst 1639, nun 17 oder 18 Jahre alt, wurde er aktiver Kämpfer im kaiserlichen Regiment.

Literatur:
- Der abenteuerliche Simplicissimus, H.J.C. von Grimmelshausen, reclam Verlag, 1986

Wild
- Reysebeschreibung eines Gefangenen Christen Anno 1604
, Johann Wild, Steingrüben Verlag, 1964
Der 1585 in Nürnberg geborene Johann Wild kommt 1604 als Landsknecht nach Ungarn. Mit seinem Dienstherrn zieht er gegen die Türken in den Krieg. Schon bald gerät er in türkische Gefangenschaft und wird auf seiner erzwungenen Reise über Konstantinopel, Kairo, Jerusalem, Jordanien, Yemen, Damaskus sieben Mal als Sklave verkauft. Als wahrscheinlich erster Europäer gelangt er zu den Heiligtümern nach Mekka. Sein Notizen bestechen durch die genaue Beobachtung, die Fülle der Details und die Frische seiner Schilderung. Er beschreibt wie auch in arabischen Ländern Knaben als Sklaven für den Kriegsdienst gekauft und dann entsprechend zu diesem Dienst gedrillt wurden.
Textausschnitt:
«...Der türkische Kaiser lässt jährlich die Christenkinder in den Dörfern, erwachsene Knaben von zehn, zwölf, fünfzehn Jahren aufsammeln und nach Konstantinopel bringen. Diese Eingesammelten werden auf türkisch Padischah Kulu genannt, was kaiserlich, leibeigene Knechte heisst. Dieser Jungen Namen werden alle aufgeschrieben, von wo, aus welchem Dorf ein jeder ist und wie sein Vater und seine Mutter heissen. Wenn sie nach dann nach Konstantinopel kommen, so werden sie türkisch eingekleidet, mit grobem wollenen Tuch, welches genannt wird Beylik Tschuha. Und werden solche Jungen Adschemi Oglan genannt; adschemi heisst unverständig und Oglan Bub. Danach werden sie verteilt. Etliche zu Handwerkern getan, etliche in des Kaisers Gärtnerei gebraucht, etliche werden unterrichtet im Schreiben und Lesen des Türkischen. Und wenn sie dann zu ihren Jahren gekommen und mannbar geworden, so werden sie zum Kriegswesen gebraucht, zu Janitscharen und Sipahi gemacht. Halten sie sich danach ritterlich in den Kriegen, dass sie viele Christen umbringen und niedersäbeln, so werden sie zu grossen ansehnlichen Befehlshabern und Ämtern befördert und stattlich besoldet...»

Juliet
- L’année de l’èveil
, Charles Juliet, P.O.L. éditeur, 1989
Un petit fils de paysan qui n’avait jamais quittè son village, se retrouve un jour enfant de troupe. Il relate ce que fut sa seconde année de jeune militaire. Une année de découvertes et de bouleversements, qui le verra mourir à son enfance et s’éveiller à des réalités et des énigmes dont il ignorait tout. La faim, le froid, les bagarres, la violence, le sadisme de certains sous-officiers, le cachot, ses déchirement et ses ferveurs.
(Halbwaise und Verdingkind wird er eines Tages als Kindersoldat in eine Truppe zur Ausbildung gebracht wird. Er beschreibt vor allem das zweite Dienstjahr. In dieser ihm noch fremden Welt wird er schnell in eine Realität versetzt, die von Hunger, Kälte, Streit, Gewalt, dem Sadismus der Unteroffiziere, Strafen und Einzelhaft geprägt sind.)

Kindersoldaten im Zweiten Weltkrieg
In der deutschen Armee wurden Heranwachsende als Luftwaffenhelfer eingesetzt, die Waffen-SS warb Jugendliche an und in der letzten Kriegsphase kämpfte die Hitlerjugend im Volkssturm, aber viele fielen.
Zeitzeuge: «Ich wurde Ende April 1945 im Nachbardorf des KZ Buchenwald als 15-Jähriger zusammen mit vielen Gleichaltrigen zur Aushebung für die Hitlerjugend aufgeboten. Da ich als Radiobastler durch das Abhören von BBC, das ja damals bei Todesstrafe verboten war, bestens im Bild war, dass der Vormarsch von Amerikanern und Russen die Niederlage Deutschlands bald besiegeln würde, gab ich vor dem Stellungsaufruf vor, ich müsse austreten und floh. Das rettete mein Leben.» H.B

Auch auf sowjetischer Seite kamen Kindersoldaten zum Einsatz. In Japan wurden während der Endphase auf Okinawa Schülertrupps als Hilfstruppen aufgestellt. Knaben wurden als sogenannte Tekketsu Kinnōtai in Pionier-, Melde-, aber auch Kampftätigkeiten eingesetzt, während Mädchen Lazarettdienst leisteten.

Kindersoldaten heute
Da es keine offizielle Definition des Begriffs Kind und insbesondere des Begriffs Kindersoldat gibt, wird die Altersgrenze verschieden gesetzt, oft werden neben minderjährigen Kämpfern auch nicht-kämpfende Helfer bewaffneter Gruppen zu den Kindersoldaten gezählt. Die internationale Coalition to Stop the use of child Soldiers orientiert sich an der Altersgrenze der UN-Kinderrechtskonvention und fordert, dass niemand, der das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, in reguläre Streitkräfte oder nichtreguläre bewaffnete Gruppen rekrutiert werden darf.

  kindersoldat1Kindersoldat im Sezessionskrieg kindersoldat215-Jähriger der französischen Legion, 1941 in Russland kindersoldat3Kindersoldaten der polnischen Widerstandsbewegung während des Warschauer Aufstandes.