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Carl Albert Loosli 1877–1959, Band 3/2

Biographie Carl Albert Loosli

Im neuen Band der mehrteiligen Biographie Carl Albert Looslis sind zahlreiche weitere Aspekte seines Wirkens dargestellt und bereits früher behandelte Themenbereiche vertieft. Das Buch dokumentiert vertieft Looslis jahrzehntelangen Einsatz für Verdingkinder, für ein humanes Strafrecht, gegen das Anstaltswesen und die «Administrativjustiz». Als Betroffener erkannte er früh die Mängel und Versäumnisse der damals schlecht vorbereiteten und auch oft unwilligen Staatsorgane, welchen Macht wichtiger war als Menschenrechte. Es brauchte Zivilcourage und Beharrlichkeit, um diese undemokratischen Zustände zu ändern. Loosli brachte aufs Tapet, was man von offizieller Seite nicht sehen wollte, nicht benennen durfte und auch keinesfalls kritisieren sollte. Stichwort Transparenz. Für ihn aber hatte die sozial-ethische Kompetenz immer Vorrang.

Wie wird man einem Kämpfer gegen Unrecht wie C. A. Loosli gerecht? Vielleicht am ehesten, wenn man seine Schriften liest, sie versteht und sie beherzigt! C. A. Loosli ist nicht bloss vergangene Geschichte. Manche seiner gesellschaftspolitischen Forderungen wurden gar nicht oder nur halbherzig umgesetzt. Das leidvolle Kapitel der Administrativjustiz, welches er als Erster in den 1930er Jahren thematisierte, ist erst seit 2017 Gegenstand umfangreicher Forschungen im Rahmen der unabhängigen Expertenkommission. C. A. Loosli ist auch 61 Jahre nach seinem Tod angesichts seines umfangreichen, vielfältigen Werks und Engagements bis heute Inspirator und Leuchtturm für unterschiedlichste Gesellschaftsthemen. Er war nach Gotthelf der Zweite, welcher wiederholt das Verdingkinderwesen mit seinen schändlichen Auswüchsen anprangerte. Sein Buch Anstaltsleben war ein Aufschrei gegen die Unmenschlichkeit in den Institutionen der Fremdplatzierung. Sein Buch Administrativjustiz zeigte deutlich die fast grenzenlose Willkür einer Schattenjustiz, welche zig-Tausende Rechtlose ins Unglück stürzte, sie mundtot machte oder körperlich, seelisch und geistig brach. Vielen Amtsstellen, Parlamentariern und Exekutiven war Loosli ein Dorn, und man versuchte, ihn wiederholt zu diskreditieren oder zum Schweigen zu bringen. Auch mittels Zensur. Aus heutiger Sicht zeigte er früh seine Kompetenz als ein brillanter Netzwerker. Er entfachte Debatten und fand in vielen Kreisen Verbündete. Seine hartnäckigen Forderungen nach Aufsicht und unabhängiger Kontrolle in der Fürsorge führten nach langem Kampf und journalistischen Enthüllungen zu Verbesserungen und griffigeren Strukturen im Pflegekinderwesen. C. A. Loosli ist als unermüdlicher Kämpfer auch ein Vorbild für die aktuelle Gesellschaft. Er fordert uns auf, ebenfalls aufmerksam und engagiert zu sein, um neuen Missbräuchen begegnen zu können. Und sein Vermächtnis soll uns in diesem auch als Bilanz für das Erreichte und Versäumte dienen. Als Beispiel seien die Kirchen erwähnt, welche schon damals keine Hand für Verbesserungen boten. Dabei waren viele von ihnen geführte Heime für die Kinder und Jugendliche eigentliche Mehrzweck-Höllen. Doch erfolgte von dieser Seite bis heute kein Schuldeingeständnis oder Signal für eine ernsthafte Aufarbeitung ihres Fehlverhaltens mit den schlimmen Folgen für die Zöglinge.


Erwin Marti studierte Geschichte und Germanistik in Bern und Berlin. Er arbeitete 1980–2010 als Lehrer und Heilpädagoge am Gymnasium und an der Orientierungsschule des Kantons Basel-Stadt und promovierte 1995 in Neuer und Schweizer Geschichte bei Prof. Markus Mattmüller, Universität Basel. Erwin Marti ist Präsident der C. A. Loosli-Gesellschaft.


Hans-Ulrich Grunder, Sekundarlehrerstudium an der Universität Bern und Unterricht an Berner Schulen; Gründung der «Freien Volksschule Bern» 1978. Zweitstudium in Pädagogik, Ethnologie und Journalismus an der Universität Bern, dann Assistenz am Pädagogischen Institut der Universität Bern, Promotion, Habilitation. Professor für Erziehungswissenschaft an der Pädagogischen Hochschule FHNW und der Universität Basel, seit 1.1.2017 Direktor des Instituts für Bildungswissenschaften der Universität Basel.

Text: Walter Zwahlen


Erwin Marti, Hans-Ulrich Grunder
Carl Albert Loosli 1877–1959, Band 3/2
Partisan für die Menschenrechte