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Sabine Weiss, Fotografin

Sabine Weiss

Nach dem Zweiten Weltkrieg zog es einige Schweizer Künstler nach Paris. Auch deshalb, weil ihnen das helvetische Pflaster nicht die erhofften Entwicklungsmöglichkeiten bot. Sabine Weiss machte so ihren Weg in der französischen Metropole, und wurde dort von Kollegen, Fachleuten und Medienhäusern beachtet und geschätzt. Und Frauen als Fotografinnen waren damals noch eine kleine Minderheit. In der Schweiz Sabine Weiss, die längst die Weltbühne betrat, ging in ihrer Heimat jedoch lange bis auf wenige Würdigungen vergessen. Ihre vielen Ausstellungen erfolgten vor allem in Europa und den USA. Die Bücher und ihr grosses Werk publizierten fast nur französische Verlage. Ihr fotografisches Werk steht auf der gleichen Stufe wie das ihrer Kollegen der Agentur Magnum. Was sie auszeichnete, ist ihr anderer Blick in und auf die Welt.

Kurzlebenslauf:

Sabine Weiss ist die Tochter von Louis Frédéric Weber, Chemiker, und Sonja Meckling. Bereits mit 12 Jahren bekam sie vom Vater eine Kamera und machte erste Versuche damit. Sie wollte unbedingt Fotografin werden. Von 1942 bis 1945 absolvierte sie deshalb die Lehre im Studio des renommierten Fotografen Paul Boissonnas in Genf. Hier lernte sie das Handwerk im Detail.

1948 liess sie sich in Paris nieder und assistierte dort zuerst dem deutschen Modefotografen Willy Maywald. Ab 1949 begann sie als selbständige, freischaffende Fotografin. Ihre Aufnahmen wurden schnell geschätzt, unter anderem in den Zeitschriften Esquire, Vogue, Paris Match, Life und Time publiziert. Sie realisierte Modeaufnahmen und porträtierte Künstler wie Ella Fitzgerald, Alberto Giacometti, Jeanne Moreau, Françoise Sagan, André Breton, Karen Blixen und diverse Politiker. In den Strassen von Paris entstanden ihre Fotografien von Kindern, Landstreichern, Passanten, Musikern und Liebespaaren im Stil der humanistischen Fotografie. Auf Einladung des Berufskollegen Robert Doisneau trat sie 1952 der berühmten Agentur Rapho bei. 1950 heiratete sie den US-amerikanischen Kunstmaler Hugh Weiss, der sie ein Leben lang unterstützte und förderte.

Ein grosses Vorbild war Sabine Weiss der deutsche Fotograf August Sander. Bereits 1955 wurde sie an die Ausstellung The Family of Man im Museum of Modern Art in New York eingeladen. Sabine Weiss nahm an vielen Kunstausstellungen teil, in Frankreich in mehreren europäischen Ländern und in den USA. Seit 1954 hat sie mehr als 170 Einzelausstellungen realisiert und war mit ihren Fotografien in mehr als 80 Gruppenausstellungen vertreten. Im Jahr 2017 bestimmte die Fotografin, dass ihr Archiv nach ihrem Ableben vom Musée de l’Elysée in Lausanne betreut werden soll. Es besteht aus 200 000 Negativen, 7000 Kontaktabzügen, rund 2700 Vintage-Prints, Spätdrucken, Arbeitsdrucken und Dias. Ihre Fotografien sind weltweit in rund 25 Sammlungen namhafter Museen vertreten. Sie ist am 28. Dezember 2021 mit 97 Jahren verstorben. Trotz ihres grossen Erfolgs und umfangreichen Werks blieb sie bescheiden und verstand sich immer in erster Linie als Handwerkerin.

Links:
Sabine Weiss: "Die Fotografie ist nicht Kunst, sondern ein Handwerk" (Online-Artikel auf Swissinfo)
Nachruf in "Paris Match"

   
  Bücher von Sabine Weiss