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Zwangsadoption eine zeitgeschichtlich-journalistische Pilot-Recherche

Heimkind

In der Schweiz sind seit einiger Zeit die sogenannten «fürsorgerischen
Zwangsmassnahmen» als Instrument der Sozialpolitik des 19. und des 20. Jahrhunderts zum öffentlichen Thema geworden, nachdem zuvor Schilderungen von Opfern dieser Massnahmen über Jahrzehnte ignoriert oder als unglaubwürdig und übertrieben abgetan worden sind. Der Verein netzwerk-verdingt hat deshalb den bekannten und in der Thematik ausgewiesenen Journalisten und Autoren Fredi Lerch mit einer Pilotstudie betraut. Zwangsadoption ist in der Schweiz kaum erforscht und einer breiteren Öffentlichkeit nicht geläufig. Einige Länder sind in dieser Form des Sozialhilfemissbrauchs längst aktiv geworden, haben für Wissenschaftler und Juristen Studien finanziert, die Opfer rehabilitiert oder sogar finanzielle Wiedergutmachung geleistet. Die Schweiz steht wie so oft, erst jetzt und viel zu spät am Anfang einer aufwendigen Aufarbeitung.

Zeitzeugen
Die 9 Interviews mit Zeitzeuginnen, Müttern, denen man eines oder mehrere Kinder weggenommen hat, und die unter starkem psychischem Druck die Unterschrift unter das Dokument der Adoptionsfreigabe abgepresst wurde, zeigen deutlich das Leid auf, welches dies unmenschliche Praxis hervorrief. Motto: Bist Du nicht willig, so brauche ich Zwang – das Kind nehme ich Dir sowieso weg.

Mütter- und Kinderheime als Relaisstationen für Zwangsadoptionen
Betroffen waren vor allem unmündige Frauen aus der Unterschicht. Sie wurden als liederlich, verwahrlost oder für die Erziehung des eigenen Kindes als ungeeignet eingestuft. Im 20. Jahrhundert hatte die Adoption sogar Hochkonjunktur. Kinderlose Ehepaare gab es zuhauf. Damit man diesen zum ersehnten Kind verhelfen konnte, wurde die erzwungene Adoptionsfreigabe zum Freipass und das betroffene Kind zur Handelsware. Die Behörden und oder Heime schufen sich damit eine Einnahmequelle und entlasteten sich von der weiteren Unterhaltspflicht. Sie zeigen eine repressive Sozialpolitik, die es erlaubte, nebenbei im Einzelfall auch noch die Kasse zu schonen und sich die Ausgaben von Geburt und erstem Heimaufenthalt des Säuglings durch die Adoptioveltern in spe vergüten zu lassen. Im Bericht sind die wichtigsten derartigen Heime in der Schweiz aufgeführt, welche diese Praxis betrieben.

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Inserate

Die Quellenlage
Über die Einschüchterungsversuche, den massiven psychischen Druck und die angedrohten Konsequenzen schweigen die Akten wohlweislich. Eine fiese Zensurmassnahme des Verwaltungsapparates, um sich vor Forderungen und Vorwürfen zu schützen. Das mehrheitlich rabiate und von Willkür geprägte Vorgehen der Vollzugsbehörden taucht in allen ausgewählten Biografien auf. Das zeigt auch der Blick über die Grenze: Kindsraub und Zwangsadoption waren kein isoliert schweizerisches Problem.

Wie weiter?
Die Pilotstudie dient zunächst der Bewusstbarmachung der Problematik Zwangsadoption. Weiter liefert sie die Argumente, dass in der geplanten wissenschaftlichen Aufarbeitung der Sozialgeschichte der Schweiz diese Form der zwangsweisen Fremdplatzierung vertieft erforscht und aufgearbeitet wird.

Die bebilderte Studie wird in gedruckter Form (ca. 70 Seiten) ab September erhältlich sein und kann ab sofort beim Verein netzwerk-verdingt vorbestellt werden.

Text: Walter Zwahlen, Bilder: Peter Studer